(Leader November/Dezember 2024, Seite 13)
Arbeit, die mangels Nachfrage nicht mehr gebraucht wird, verschwindet, wenn man sie nicht auf Kosten der Allgemeinheit künstlich am Leben erhält.
In einer Marktwirtschaft werden Engpässe und Mangellagen immer wieder durch eine
Anpassung der jeweiligen Preise überwunden. Was knapp ist, wird auch auf offenen Arbeitsmärkten teurer und darum für jene, die ihre knappen Dienstleistungen anbieten, attraktiver.
Arbeit gegen Lohn wird heute weltweit aber nicht mehr auf offenen Märkten individuell und frei
ausgehandelt, sondern beruht mehrheitlich auf allgemeinverbindlichen arbeitsrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen, die kollektiv vereinbart oder politisch fixiert sind. Bewirtschaftet wird aus diesem Grund bei der Arbeit nicht ein offenes und sich wandelndes Spannungsfeld von Angebot und Nachfrage, sondern ein Netzwerk von vereinbarten Regulierungen – kollektiv statt individuell.
Regulierte Märkte haben zu Arbeitsverhältnissen geführt, die von einem politisch abgesegneten Deal zwischen kollektiven Organisationen bestimmt wurden und werden. Die Unbeweglichen werden heute geschützt, die tüchtigen Lern- und Anpassungsbereiten behindert.
Eine Dienstleistungsgesellschaft muss viel flexibler auf Veränderungen reagieren können als eine Indu-
striegesellschaft. Staatliche Mindest- und Tariflöhne führen zu mehr Arbeitslosigkeit bei denjenigen, die bereit wären, temporär auch für weniger Lohn zu arbeiten, statt Arbeitslosengelder zu beziehen.
Häufig übersehen wird hingegen, dass im Gegenzug auf regulierten Arbeitsmärkten die Löhne derjenigen «gedeckelt» werden, die etwas zunehmend Knappes anbieten. Wenn Marktwirtschaft institutionell behindert wird, versiegen Innova tions- und Lernbereitschaft – und in verkrusteten etatistischen Strukturen breiten sich Mangelwirtschaft, Rationierung und Korruption aus.
Robert Nef, Publizist, St.Gallen