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Wie weit sind Menschen manipulierbar?

Lesedauer: 2 Minuten

(Leader August 2024, Seite 15)


Aldous Huxley (1894–1963) befasste sich als Philosoph mit der Zukunft der Menschheit.
In seinem berühmtesten Werk «Brave New World» (Schöne neue Welt) kommt er zu einer negativen Vision, die der heutigen Realität gefährlich nahe ist.

Er sagt eine weitgehende Manipulierbarkeit von Mehrheiten voraus, deren Fähigkeit zur Kritik durch einen immer stärkeren Hang zur Anpassung verkümmere. So stellt er schon in den 1950er-Jahren Folgendes fest: «Noch nie wurden so viele so sehr von so wenigen manipuliert» und prophezeit eine Verstärkung dieses Trends durch eine Verknüpfung von politischer Macht mit den elektronischen Mitteln der Massenkommunikation.

Seine Dystopie wird oft mit jener von George Orwell verglichen, die dieser in seinem 1948 verfassten Zukunftsroman «1984» prognostizierte. Der Medienwissenschaftler Neil Postman hat die beiden pessimistischen Voraussagen gegenübergestellt: «Orwell befürchtete, dass autoritäre Regimes gewisse Bücher wirksam verbieten könnten. Huxley hingegen befürchtete, dass es keine Gründe mehr geben würde, ein Buch zu verbieten, weil es ohnehin niemand mehr lesen wolle. Orwell warnte vor jenen, die freie Meinungsäusserung verbieten, Huxley vor einem generellen Verlust des Interesses an Wahrheit».

Was ist gefährlicher? Dass uns Wahrheiten durch Verbote vorenthalten werden, findet Postman weniger bedrohlich, als dass sie in einem Meer von Banalitäten und Pseudokämpfen untertauchen und sich niemand mehr dafür interessiert. Zwischen diesen beiden pessimistischen Szenarien gibt es allerdings auch Hoffnung: Kein Regime, keine Technologie und keine Zwangspädagogik können persönliche Begegnungen und interpersonellen Meinungs- und Erfahrungsaustausch vollständig unterbinden, und bei der elektronischen Vernetzung von Mensch zu Mensch wird es hoffentlich immer einen offenen Wettbewerb zwischen Kontrolltechnologien und deren Umgehung geben.

Auch kollektiv vermittelte und elektronisch verbreitete Lügen können sich nicht ewig halten.

Robert Nef, Publizist

Leader August 2024, Seite 15

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