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Rückbesinnung auf den harten Kern der Menschenrechte

Lesedauer: 2 Minuten

Zum EGMR-Urteil


(Nebelspalter, 23. Mai 2024)

Robert Nef: «Wir haben jetzt lediglich die Quittung für die unbegrenzte Auslegung des Völkerrechts». Im Bild: Gerichtssaal des EGMR in Strassburg

 

Das Strassburger Urteil zum Klimaschutz hat mehrere Schwächen, die aber Kenner der bisherigen Praxis nicht überrascht haben dürften: Unbegrenzte Auslegung und Ausweitung des Menschenrechtskatalogs und des Soft law, sowie die Anmassung von Gerichten, nicht nur Lücken zu füllen, sondern auch auf internationaler Ebene gesetzgeberisch aktiv zu werden.

Die falsche Weichenstellung ist aber nicht kürzlich in Strassburg erfolgt, sondern viel früher:

  • zunächst in unserem eigenen Parlament bei der Verfassungsrevision mit der unpräzisen Formulierung «Das Völkerrecht ist zu beachten»,
  • und dann beim eigenen Bundesgericht, das sich vor allem im «Öffentlichen Recht» auch immer wieder legislative Funktionen anmasst, vor allem mit der schrittweisen Verhärtung der These «Völkerrecht bricht Landesrecht».

Wir haben jetzt lediglich die Quittung für die unbegrenzte Auslegung des Völkerrechts, das aufgrund unserer eigenen Gerichtspraxis nicht nur «zu beachten» ist, sondern dem nationalen Recht vorgehen soll.

  • Wie zwingend sich dies tatsächlich auf die Gesetzgebung und auf Volksentscheide auswirken kann und soll, bleibt nach wie vor offen.
  • Dass einzelne Mitglieder oder gar ganze Behörden wegen ihrer Stellungnahme gerichtlich verfolgt werden können, ist schwer vorstellbar.

Und wie steht es um angeblich völkerrechtswidrige Volksentscheide? Werden die einfach aufgrund eines Gerichtsurteils eines europäischen Gerichtshofes ungültig, und wer setzt das gegen wen durch? Gerichtsentscheide, die nicht durchgesetzt werden können, schaden aber früher oder später dem Ansehen jedes Gerichts.

  • Eine Volksmehrheit die ja in der Schweiz nach geltendem Bundesrecht legal sogar verfassungswidrige Bundesgesetze beschliessen kann, lässt sich auch von internationalen Gerichten nicht wirksam sanktionieren.

Es ist sehr wohl möglich, dass ein als Erfolg für die Klägerinnen gefeiertes Urteil, das letztlich nicht vollstreckbar ist, auch einen weiteren Beleg für die politische Unwirksamkeit solcher Justiz liefert.

  • Man kann klagen, Recht bekommen, aber an der Realität ändert sich nichts.

Entscheidend ist jetzt eine Rückbesinnung auf den «harten Kern» der Menschenrechte in der Schweiz und die landesrichterliche Feststellung, dass nur dieser Landesrecht bricht.

  • Dies entspricht auch der Praxis mehrerer europäischer Staaten.

Das wäre vernünftiger als ein interner Behördenentscheid, der sich ausdrücklich vom Urteil distanziert und auch vernünftiger als ein Austritt aus der Konvention, der international falsch wahrgenommen und interpretiert würde.

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