Nichts ist schwerer zu definieren als Freiheit. Am ehesten passt vielleicht «die Abwesenheit von Zwang». Aber das tönt ziemlich negativ und abweisend. Soll man etwas derart Positives wie die Freiheit wirklich so negativ umschreiben?
In einem sehr ausgewogenen Kommentar zum Thema Freiheit wird das Frei-Sein als «Rausch der Freiheit» bezeichnet, womit angetönt werden soll, dass auch das Wegfallen üblicher Hemmungen als Befreiung empfunden werden kann. Aber: Muss man wirklich berauscht sein, um sich frei zu fühlen?
Ich weiss letztlich auch nicht, wie sich Freiheit ihrem Wesen nach am besten definieren lässt, möglicherweise eben nur vielfältig und in verschiedenen Annäherungen von aussen her. Ich habe sie einmal eine Wolke genannt, die man nur von aussen abgrenzen kann, als das was übrigbleibt und nicht mehr beschreibbar ist.
Oder ist Freiheit der blaue Himmel, der sehr oft von Wolken bedeckt ist, wie es im Refrain eines bekannten Liedes heisst: «Über den Wolken, muss die Freiheit grenzenlos sein.». Ist Freiheit ein Wunder?
Ludwig Erhard mochte den Begriff «Wirtschaftswunder» nicht, und er beschrieb, das, was sich nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland ereignete als «Sturzbach der Freiheit».
Ich ergänze: Nach dem kollektiven Rauschzustand des Krieges als «Kampf um die angemasste Vormacht» kommt die Freiheit von selbst, als Frucht des Friedens, der immer wieder durch Krieg und Zwang verhindert wird.
Anderenorts habe ich einmal das Spiel als Wesenskern der Freiheit bezeichnet und an die Bedeutung erinnert, die das «Spiel» in der Mechanik hat, wenn es darum geht, ein Gelenk beweglich zu halten.
Deshalb mein Neujahrswunsch: Viel Spiel in allen Gelenken, die uns mit andern verbinden.
Robert Nef, Neujahr 2023
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