Trotz meiner persönlichen Vorliebe für «small is beautiful» und «mehr Freiheit für alle», teile ich den von Prof. Tobias Straumann in seinem NZZ-Interview vom 12. August geäusserten Pessimismus bezüglich Staatswachstum und Zentralismus. Der weltweite Trend geht zurzeit auf «Gross, immer grösser» – leider. Die dahinterstehende Triebkraft sind fünf Phänomene, die man die «Big Fives» nennen könnte: Big government, big business, big money, big education/research/information und big data. Sie sind komplex miteinander vernetzt, und man kann die Schuld an dieser verhängnisvollen Verknüpfung nicht allein der Politik, bzw. dem «big government» zuschieben. Der Drang zur Grösse ergibt sich aus der Kombination von wechselseitigen Reaktionen. Trotzdem lohnt es sich, im Hinblick auf einen möglichen «geordneten Rückzug aus überdimensionierten Fehlstrukturen» oder im Hinblick auf einen Crash über mögliche Kausalitäten innerhalb dieser vielfältigen und labilen Interdependenz nachzudenken.
Zunächst geht es um eine sinnvolle Abgrenzung aufgrund bestimmter Merkmale. Das charakteristische Merkmal des «government» als der hierarchische Spitze des Staates ist das Zwangsmonopol, über das kein anderes Subsystem verfügt. Die Trennung von Staat einerseits und Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft anderseits ist daher nicht nur ein wichtiges liberales Anliegen, es dient – jenseits aller politischen Ideologie – der Schaffung von Klarheit. Erst wenn diese Linie gezogen ist, macht es überhaupt Sinn, über «mehr» oder «weniger» Staat oder über grössere oder kleinere und über mehr demokratische oder mehr bürokratische Strukturen in politischen Körperschaften zu debattieren. Das freiheitsbeschränkende Schadenspotenzial der andern vier «Bigs» hängt direkt damit zusammen, wie eng sie organisatorisch und finanziell mit der Staatsmacht verknüpft sind.
Das Zwangsmonopol macht den Staat bei den anderen «Bigs» attraktiv, und alle möchten sich «eine Scheibe davon abschneiden». Darum verbindet sich vor allem big business mit big government und begründet korporatistische Strukturen und «erkauft» sich damit eine attraktive Teilhabe am Zwangsmonopol durch die Möglichkeit eines staatlichen Interventionismus zu eigenen Gunsten. Ziel von «big business» ist ein möglichst grosser Einfluss beim Staat, und je zentralistischer dieser ist, desto gezielter kann die Einflussnahme sein. Die Wirtschaft selbst hat nämlich, ausser der psychologischen Verführung (durch Werbung im weitesten Sinn), keine eigene Macht, weil sie zwar ein begrenztes Branchenmonopol aufbauen kann, aber über kein eigenes generelles Zwangsmonopol verfügt. Die Meinung «die Wirtschaft» und vor allem «die organisierte Wirtschaft» sei stets staatsskeptisch und liberal, ist leider eine Illusion. Big business sucht big government um am Zwangsmonopol angeschlossen zu sein und ist bereit, dafür via Steuern auch einen hohen Preis zu bezahlen, solange «gleich lange Spiesse» gewährleistet sind. Darum gibt es aus liberaler Sicht gute Gründe vor einem Kapitalismus zu warnen, der nur noch dank staatlichen Interventionen als «crony capitalism» überlebt.
Quelle: