(Leader – Januar/Februar 2021 – Seite 81)
Die Umverteilung von Vermögen ist eine normale und positiv zu bewertende Begleiterscheinung offener Märkte und spontan hilfsbereiter Menschen. Sie sollte allerdings freiwillig, leistungsbezogen und bedürfnisgerecht sein.
Mit der staatlichen Umverteilung nach politisch allgemeinverbindlich bestimmten Kriterien wollte man die spontane Umverteilung korrigieren und «gerechter» machen. Die Unterstützung sozial Schwacher wandelt sich so von einer mitmenschlichen Verpflichtung zu einer Staatsaufgabe.
Gibt es einen Weg aus der Sozialstaatsfalle? Ja, er führt über das Prinzip der Benutzerfinanzierung. Die staatlichen Beiträge an öffentliche Dienste und Einrichtungen sind in einem ersten Schritt beizubehalten. Aber sie sollen statt den Institutionen den bedürftigen Benützern als Subjekthilfe zur Verfügung gestellt werden.
Ziel ist, dass sich die Nutzenden, d. h. die Kunden, mehrheitlich eigenständig um die Kosten-Nutzen- Rechnung kümmern. In einer freiheitlichen Gesellschaft kann sich auf die Dauer niemand tatsächlich mehr leisten, als er selbst finanzieren kann. Das Leben auf Kosten Dritter ist nicht nachhaltig und trägt den Keim des Missbrauchs, der Korruption und des Schmarotzertums in sich.
Wer mehr Wohlstand durch mehr Zwang und mehr Umverteilung in Aussicht stellt, vergrössert die Gruppe der Staatsklienten und betreibt eine populistische Politik, in der die wachsenden Begehrlichkeiten mit einer nachhaltigen Finanzierbarkeit nicht Schritt halten.
An die Stelle von politischen Verteilungskämpfen soll die gemeinsame Festlegung jener Bedürftigkeitsgrenze treten, die als Ausnahme zur Regel der Eigenständigkeit einen Anspruch auf staatliche Subjekthilfe auslöst.
Jene kleine Gruppe, die es nicht schafft, finanziell eigenständig zu sein und niemanden hat, der hilft, soll gegen Bedürftigkeitsnachweis, wenn möglich auf kommunaler Ebene, aus öffentlichen Mitteln unterstützt werden. So wird der grenzenlose Umverteilungsstaat wieder zum begrenzten Sozialstaat.
Robert Nef, Publizist, St.Gallen
Quelle: https://www.leaderdigital.ch/documents/ausgaben/feb_leader-2021_neu_beide_low.pdf