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Mehr Unternehmergeist, weniger Anpassung

Lesedauer: 3 Minuten

(Frankjordanblog)

Von Robert Nef

Freiheit entsteht zunächst im Prozess des selbstbestimmten Neinsagen–Könnens. Nicht in jedem Fall, sondern im richtigen Moment. Sie basiert auf jener kreativen Dissidenz, die schon beim Kleinkind im Spiel mit dem Werben um Beachtung und Zuwendung und mit dem Drang zur Selbstbehauptung praktiziert und erprobt wird. Sorgfältige Beobachter wissen, dass sogenannt „lästige“ oder „ungezogene“ Kinder in erster Linie Beachtung und Aufmerksamkeit finden wollen, wenn schon keine positive, so doch wenigstens negative. Das ist zwar gegenüber positiver Zuwendung höchstens das Zweitbeste, aber – aus der Sicht des Kindes – immer noch besser bzw. lehrreicher als das Ignoriert-Werden.

Im Rahmen der Erziehung zum angepassten Menschen wird den Kindern ihre kreative Dissidenz allerdings schrittweise abgewöhnt, zunächst in der Familie (mit einfühlbaren, guten Gründen primär zum Schutz der Eltern, sekundär zum Schutz der Umgebung) und später in der Schule, wo es darum geht angepasste Staatsbürger, Arbeitnehmer und Konsumenten heranzubilden. Die Kunst, im richtigen Moment Ja zu sagen, selbstbestimmte Verpflichtungen einzugehen und Verantwortung zu übernehmen wird in jenem Spannungsfeld erlernt, in dem eigene Bedürfnisse mit den Bedürfnissen anderer in Einklang gebracht werden. Die Arbeitswelt eignet sich dafür besser als die Schule, was im Hinblick auf ein erfolgreiches Lebensunternehmertum für eine möglichst frühe Kombination von Lernen und Arbeiten, also für den „Zweiten Bildungsweg“ spricht.

„Unternehmen“ bedeutet zunächst einmal „eine wertsteigernde nutzbringende Kombination von Geld und Geist organisieren“, sei es, dass man eigene Mittel einsetzt oder Geldgeber findet, die gegen Gewinn- und Verlustbeteiligung zu investieren bereit sind. Es geht also um die optimale Kombination von menschlichen Fähigkeiten (man nennt diese zusammenfassend heute auch „Humankapital“, was aber z.T. auch falsche Assoziationen weckt) mit materiellen Vermögenswerten. Der vom Marxismus dogmatisierte Gegensatz von „Kapital“ und „Arbeit“ ist daher obsolet geworden, denn die beiden Faktoren lassen sich im wirtschaftenden und tauschenden Individuum nicht sinnvoll isolieren.

Die vielfältigen Fähigkeiten grundsätzlich verschiedener Menschen werden in ihrer Kombinationsmöglichkeit oft unterschätzt, und Vieles liegt infolge einer gleichmacherischen Erziehung auch brach. Der erfolgreiche Unternehmer riskiert, experimentiert, lernt permanent und ist neugierig und robust, weil er Umwelt, Mitwelt und Nachwelt nicht als schicksalshafte Gabe deutet, sondern als Chance und Herausforderung wahrnimmt.

Die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Lebensunternehmertum sind wahrscheinlich bei viel mehr Menschen gegeben, als dies in unseren bevormundenden sozialstaatlichen Strukturen zum Ausdruck kommt. Das staatlich normierte Bildungswesen produziert angepasste und anpassungsfähige Durchschnittsmenschen, disziplinierte Arbeitnehmende, normierte Konsumenten und gehorsame Benützer des aktuellen, strukturkonservativen Daseinsvorsorgestaates.

Ein Bildungswesen, das auf eine offene Zukunft freier und eigenständiger Menschen vorbereiten würde, die lernend, leistend und in offenen Gemeinschaften helfend und unterstützend frei kommunizieren, müsste selbst vielfältig sein. Man könnte sich beispielsweise eine Schule vorstellen, die es den Lernenden durch eine frühe und sinnvolle Kombination von Lernen praktischer Erwerbsarbeit und kreativer Freizeitgestaltung erleichtert, ihre persönliche unternehmerische Einzigartigkeit schon früh zu erkennen und zu entwickeln.

Die staatlich vorgegebene Lebensplanung in eine in Kitas betreute Kindheit, die durch eine in Staatsschulen absolvierte Jugendzeit fortgesetzt wird und in einem auf akademische Ausbildungsgänge abgestützten Umfeld mündet, das junge Menschen bis zum 25. Lebensjahr von der ökonomischen Eigenständigkeit abkoppelt, muss gründlich überdacht werden. Eine Gesellschaft, die Menschen bis ins Erwachsenenalter von den Herausforderungen eigener Erwerbstätigkeit abschirmt, muss sich nicht wundern, wenn der Sinn für ein auf Angeboten und Nachfragen beruhenden ökonomischen Kommunikation schrittweise verloren geht, und das Lebensunternehmertum durch einen Renten-Konsummentalität abgelöst, die ein erwerbsloses staatliches Grundeinkommen für alle als Ideal anstrebt. Die Erwerbsarbeit des Fabrikzeitalters mündet nicht ins Paradies eines elektronisch gesteuerten Produktions- und Konsumapparates, sondern in eine Dienstleistungsgesellschaft, in der das Erkennen und Befriedigen vielfältigster Bedürfnisse im Mittelpunkt steht. Erwerbsarbeit braucht differenzierte Kommunikationsfähigkeit und die Bereitschaft für permanentes leistungsbezogenes (und nicht diplombezogenes) Lernen, das nie abgeschlossen ist.

Auch die durch das Rentensystem vorgegebene Ausschaltung aus dem aktiven Erwerbsleben ist ein Relikt des Fabrikzeitalters. Was vielerorts noch als unantastbare „soziale Errungenschaft“ zentral organisierter Umverteilungsstaaten gefeiert wird, ist Ballast aus dem 20. Jahrhundert, einer von Kriegen und Krisen durchgerüttelten Zeit. Eine Gemeinschaft vielfältiger Menschen, die sich frei gewählt arbeitsteilig, lebenslänglich lernend, leistend und kommunizierend entwickelt, kann sich nicht auf Strukturen stützen, die auf technologisch, ökonomisch und politisch überholten zwangskollektivistischen Vorstellungen beruhen.

Quelle: https://frankjordanblog.wordpress.com/2021/01/05/mehr-unternehmergeist-weniger-anpassung/

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