Zum Inhalt springen

Liberalismus ohne Bindestrich

Lesedauer: 2 Minuten

(NZZ – ZÜRICH UND REGION – Dienstag, 7. November 2017, Seite 17)

Seit Jahrzehnten kämpft Robert Nef für einen Liberalismus, der sich auf die Ursprünge des Freiheitsgedankens beruft. Nun ist er dafür mit dem Liberal Award ausgezeichnet worden.

THOMAS RIBI

Alle sind heute liberal. Oder fast alle. Wenigstens ein bisschen. Gesellschaftsliberal zum Beispiel, oder wirtschaftsliberal vielleicht. Oder liberal in Bezug auf einzelne Fragen, etwa wenn es um Drogenliberalisierung geht, um die freie Schulwahl oder um ein Burkaverbot. Robert Nef kann mit solchen Liberalismen nicht viel anfangen. Für den 75-jährigen Publizisten und Sozialphilosophen ist klar: Liberal ist man nicht von Fall zu Fall. Man ist es, oder man ist es nicht. Liberalismus braucht keine Bindestriche und keine präzisierenden Adjektive, wenn man darunter das versteht, was die Vordenker im 17. und 18. Jahrhundert vorgezeichnet haben: eine Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, die auf der Freiheit des Einzelnen beruht und diese bewahren will – gegen kollektivistische Tendenzen, gegen Eingriffe der Staatsgewalt, gegen Willkür und Machtmissbrauch.

Wer Liberalismus so versteht, beobachtet viele Entwicklungen unserer Zeit mit Besorgnis – und sorgt sich noch mehr darüber, dass in der Gesellschaft das Bewusstsein am Schwinden ist für all die kleinen und grösseren Einschränkungen der persönlichen Freiheit, die Beispiele staatlicher Bevormundung, die unseren Alltag schleichend verändern. 1979 hat Robert Nef die Leitung des damals neugegründeten Liberalen Instituts übernommen. Und es waren nicht zuletzt die auf den ersten Blick kleinen, unscheinbaren antiliberalen Tendenzen, denen er sich entgegenstellte.

In über 800 Publikationen hat sich Robert Nef dafür eingesetzt, die Übermacht des Staates einzudämmen. Und noch immer weist er zielsicher und scharfzüngig auf Entwicklungen hin, die «die Freiheit erwürgen», wie er sagt. Dass er dafür nun den Liberal Award erhält, den die Jungfreisinnigen des Kantons Zürich alljährlich vergeben, ist nichts als konsequent. Am Montagabend hat Nef die Auszeichnung im Kulturhaus Kosmos in Zürich entgegengenommen. Als verdiente Anerkennung seines Schaffens. Und als Aufforderung, weiterhin die Stimme zu erheben, wenn unsere Freiheit wieder ein wenig schwindet – und wir es vielleicht schon gar nicht mehr spüren.

Schlagwörter:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert