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Einseitige Populismusschelte

Lesedauer: 2 Minuten

(Finanz und Wirtschaft – Meinungen)

Linkspopulismus wird nicht wahrgenommen, sollte er aber. Ein Kommentar von Robert Nef.

«Entscheidend ist, dass die Übel des Rechts- und des Linkspopulismus in gleicher Weise kritisch wahrgenommen und analysiert werden.»

Gute Politik und gute Publizistik kann man als die Kunst bezeichnen, den Leuten das auszureden, was ihnen andere eingeredet haben. Dies gilt ganz besonders bei der Kritik an allen Spielarten des Populismus. Prof. Straubhaars in «Finanz und Wirtschaft» geäusserte scharfe Kritik am europäischen und amerikanischen Rechtspopulismus ist berechtigt, aber zu einseitig.

Wenn heute ganz generell gegen den zunehmenden politischen Einfluss «der Populisten» gewettert wird, wird dabei geflissentlich übersehen, dass in den europäischen Massen- und Umverteilungsdemokratien ein etablierter Linkspopulismus vorherrscht, der als solcher gar nicht mehr wahrgenommen wird, weil ihn die mehrheitlich sozialstaatsfreundlichen Sozialwissenschaftler und Medienschaffenden für einen legitimen und «normalen» Ausdruck des allgemein akzeptierten Wunsches nach «mehr sozialer Gerechtigkeit» werten.

Wie stark dieser schwammige Begriff von einer egalitären, ebenfalls populistischen Ideologie infiziert ist, wird dabei gar nicht mehr thematisiert. Mediale und akademische Kritik am Rechtspopulismus ist berechtigt, darf aber nicht davon ablenken, wie tief wir in Europa und auch in der Schweiz (sowie v. a. in den USA!) im Sumpf eines Linkspopulismus stecken.

Die Anbiederung an den Irrglauben, die heutigen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Probleme seien durch mehr Staat, mehr Zentralbürokratie und mehr Umverteilung zu lösen, beeinflusst – mit wenigen Ausnahmen – auch die vorherrschenden Lehren an den Universitäten. Diese Grundhaltung wird für «rational» gehalten, selbst wenn sie in den finanziellen Ruin führt, während wer dagegenhält, schnell einmal als emotional verführter Sympathisant der «Rechtspopulisten» diffamiert wird.

Nach der hellsichtigen aristotelischen Bewertung des Kreislaufs und des Zerfalls politischer Systeme trägt der generös umverteilende Sozialstaat bereits die meisten Merkmale der Ochlokratie in sich, d. h. der Regierung durch die vielen, die durch Zuwendungen des Staates zu dem verführbaren «grossen Haufen» werden, der auf der Basis des Mehrheitsprinzips zur Manövriermasse aller populistischen Verführer degeneriert.

Entscheidend ist, dass die Übel des Rechts- und des Linkspopulismus in gleicher Weise kritisch wahrgenommen und analysiert werden und dass das eine Übel keinesfalls als das politische Heilmittel gegen das andere angepriesen wird. Der Weg aus der Sackgasse des überbordenden, umverteilenden und nicht nachhaltig finanzierbaren Daseinsvorsorgestaats beruht auf der Umkehr zu weniger Staat und mehr Selbstverantwortung, und die Propagierung dieses Weges ist leider alles andere als populär.

Zum Autor
Robert Nef ist Stiftungsratsmitglied des Liberalen Instituts Zürich.

Quelle: https://www.fuw.ch/article/einseitige-populismusschelte/

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