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Bessere Alternative

Lesedauer: 2 Minuten


(Weltwoche / Einspruch)

Internationale Gerichte ­greifen in die Freiheit der Schweiz ein

In der Weltwoche vom 11. August kritisiert der Zürcher Staatsrechtler und Rechtsphilosoph Andreas Kley die Selbstbestimmungsinitiative scharf. Mit Blick auf den Verfassungsgrundsatz «Das Völkerrecht ist zu beachten» kommt er zum Schluss, dieser sei keineswegs so auszulegen, dass «Völkerrecht vor dem Landesrecht stets Vorrang ­habe». Das ist einleuchtend, aber die gegenüber der Internationalisierung skeptischen Politiker haben es eben verpasst, damals beim Art. 5 Abs. 4 den Vorbehalt «sofern dieses nicht die Grundrechte und die politischen Rechte der Verfassung verletzt» anzufügen. Sie sahen nicht, dass unser Gemein-wesen in ­einer Weise mit der Entwicklung der völkerrechtlichen Staatengemeinschaft verknüpft ist, die bezüglich Völkerrecht einem unbegründeten Optimismus huldigt. Völkerrecht ist heute nicht das, was sich in gemeinsamem Rechtsempfinden global manifestiert, sondern das, was schlecht legitimierte Funktionäre in wenig transparenten Verfahren für allgemeinverbindlich erklären, um sich dann auf nationaler Ebene doch nicht daran zu halten. Es kommt deshalb zu einer Entfremdung zwischen dem internationalen Recht und den Rechtssubjekten. Sowohl das Bundesgericht als auch der Europäische Menschenrechtsgerichtshof üben immer weniger Zurückhaltung, wenn es um politische Grundfragen geht, die auf einer politischen Interpretation von Verfassungs- und Gesetzesgrundlagen beruhen. Der Ersatz der kantonalen und eidgenössischen Gesetzgebung durch inter­nationale Normen und Vereinbarungen, die dann von internationalen Gerichten angewendet werden und direkt in die Freiheit der Schweizerinnen und Schweizer eingreifen, muss frühzeitig durch politisches ­Engagement und wissenschaftliche Kritik transparent gemacht werden. Diese Grundfrage wird von der Selbstbestimmungsinitiative thematisiert. Die gewählten Formulierungen sind nicht optimal und lösen nicht alle Probleme. Gegenüber der geltenden Praxis eines ziemlich unbeschränkten «Beachtens» und einer schleichenden Ausweitung des «zwingenden Völkerrechts» durch nationale und internationale Gerichte ist sie aber die bessere Alternative.


>Robert Nef ist Publizist und ehemaliger Präsident des Stiftungsrates des Liberalen Instituts.

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