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Der Freiheit eine Gasse!

Lesedauer: 3 Minuten

Robert Nef als liberaler Kampfgefährte

Christoph Blocher

Wir Studenten kannten uns noch persönlich, als Robert Nef in den sechziger Jahren an der Universität Zürich Rechtswissenschaft studierte. So lernte ich Robert Nef kennen. Wir beide meinten nicht zu Unrecht, das Jus-Studium biete zumindest eine brauchbare Grundlage für das spätere, wirkliche Leben. In unser beider Fall schuf es obendrein – so meine ich – auch ein sicheres Fundament für vernünftige wirtschaftliche Leitlinien. Waren nicht unsere geistigen Vorbilder Ludwig von Mises und Friedrich August von Hayek ursprünglich auch Juristen gewesen?

Bollwerk gegen die Achtundsechziger

Schnell wurde uns klar: Wir teilten dieselbe freiheitliche Weltanschauung, auch und gerade in den Stürmen der damaligen Achtundsechziger. Das studentenpolitische Engagement schien uns unverzichtbar. Robert Nef stemmte sich innerhalb der «liberalen Studentenschaft» gegen den auch dort herrschenden Linksdruck, während ich zu den Mitgründern des bürgerlich-liberalen «Studenteringes» gehörte. In der mehrheitlich Iinken, ja geradezu kommunistischen Studentenschaft waren wir aber als Liberale die Rufer in der Wüste.

Robert Nef misstraute auch schon damals den «Naturrechtlern» unter den akademischen Lehrern, die von vor- und überstaatlichen «ewigen» Rechten schwärmten und diese über die demokratisch legitimierte Gesetzgebung stellen wollten.

Wir hielten es mit dem staatskritischeren und strikterem Rechtspositivismus und anerkannten jene Gesetze als verbindlich, die durch einen rechtssetzenden Akt zum Recht wurden. Uns beeindruckte Robert Nefs gleichnamiger Rechtsphilosoph, der Staats- und Verwaltungsrechtler Hans Nef. Dieser konsequente Verfechter der Freiheit des Individuums hat uns Studenten durch die Logik, Einfachheit und Tiefe seiner Gedanken für die spätere Wirksamkeit zweifellos mehr geprägt, als wir damals ahnten.

Entscheidung im Mensa-Garten

Eine für Roberl Nef typische Gegebenheit ist mir in Erinnerung: Nach Abschluss des Studiums erreichte mich das Angebot einer Assistentenstelle am Lehrstuhl von Professor Arthur Meier-Hayoz. Gleichzeitig tat sich die Möglichkeit auf, in den Rechtsdienst der Firma Ems Chemie AG (damals noch Emser-Werke AG) einzutreten’ Unter freiem Himmel, im Garten der Uni-Mensa, besprach ich mit Robert Nef diese Angebote. Relativ sichere staatliche Assistentenstelle an der Universität oder Schleudersitz in der Privatwirtschaft? – das war hier die Frage.

Die Antwort des Freundes war klar: Ein echter Liberaler sucht nicht die Stille des sicheren Hafens, sondern das stürmische Meer. Auch für sich hat Robert Nef so entschieden. Und er hat im Grunde dieselbe Wahl getroffen: Nie einen «gesicherten» Posten erungen, sondern sein geiamtes Berufsleben dem konsequenten Verfechten und Verteidigen der Freiheit gewidmet.

In Zürich, dem Ort unserer gemeinsamen Ausbildung, hat 130 Jahre früher Georg Herwegh gedichtet: «Der Freiheit eine Gasse!» Ob Winkelried bei seiner Heldentat in Sempach diese Worte aussprach, ist strittig. «Der Freiheit eine Gasse!» – diese Devise sollte jedenfalls das künftige Leben, Arbeiten, Schreiben und Reden von Roberl Nef leiten.

Aufopferung für den Liberalismus

Als Leiter des Liberalen Instituts ist Robert Nef unter grossen Opfem über Jahrzehnte unbeirrt seinen Weg gegangen. Die Schaffung der materiellen Grundlagen für seine Institution war mühsam und oft undankbar. Auch für Robert Nef galt das, was Ludwig von Mises seiner Gattin vor der Heirat verkündete: «Ich werde immer nur über Geld schreiben, aber selber nie viel davon haben.» Allerdings hat sich Robert Nef nicht nur mit Geldtheorie befasst, sondern das liberale Gedankengut in allen Richtungen erforscht, gelehrt und beschrieben.

Liberal auch, wenn es unangenehm wird

Als die Berliner Mauer fiel und der Ostblock zusammenbrach, kam es ieider auch im bürgerlichen Lager der Schweiz zu einem Bruch. Die meisten Parteikollegen von Robert Nef träumten mit andern Bürgerlichen vom Beginn eines idealen, friedlichen Zeitalters, vom Ende der Nationalstaaten und vom Anschluss der Schweiz ans Konstrukt der Europäischen Gemeinschaft. Robert Nef blieb als disziplinierter liberaler Denker skeptisch und war ein Gegner von Zentralismus und Vermassung.

Vor allem aber kämpfte er gegen den Irrtum an, die EU sei eine liberale Organisation. Immer wieder betonte Robert Nef, dass es sich dabei um das Gegenteil von weltoffenen Organisationen handelt, sondern um die Fortsetzung des abschottenden Clubdenkens auf höherer Ebene.

Menschenretter und Menschenfreund

Robert Nef war sich seiner Herkunft und Wurzeln immer wohl bewusst. Er war und ist darum ein echter Schweizer Patriot. Das von ihm so hochgehaltene freie Individuum ist immer auch Teil einer grösseren Gemeinschaft. Und dieser Gemeinschaft diente Nef uneigennützig in sozialen Institutionen, aber auch als Offizier der Schweizer Armee.

Er sprach ungern davon, doch Robert Nef rettete als angehender Kompaniekommandant das Leben eines Wehrmanns. Er intervenierte bei einem verunglückten Handgranatenwurf, brachte den Rekruten in Sicherheit, verunfallte aber selber so schwer, dass er zeitlebens schwere Behinderungen – namentlich an Aug und Ohr – davontrug. Robert Nef – der Menschenretter! Davon wollte er allerdings nie etwas wissen. Aber er ist es.

Dr. Christoph Blocher ist Industrieller. Von 1979-2003 war er Nationalrat und von 2004-2007 Bundesrat. Seit 2011 ist er wieder Nationalrat.
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