Zum Inhalt springen

Der «Berufs-Liberale»

Lesedauer: 3 Minuten

(St. Galler Tagblatt)

Seine Reputation als «einer der letzten klassischen Liberalen» (Václav Klaus) oder als «Berufs-Liberaler» ist im Ausland grösser als in seiner Vaterstadt St. Gallen: Robert Nef, der heute 70 Jahre alt wird, ist das Beispiel einer lokal zwar verankerten, aber vor allem national und international bekannten Persönlichkeit.

Robert Nef: Ein Leben lang liberales «feu sacré»

Als bekennender Liberaler ist man in seinem engeren Lebensumfeld selten bei der Mehrheit. Erst aus grösserer Distanz, so scheint es auch hier, tritt die Einmaligkeit solcher Denk- und Arbeitsleistungen deutlich hervor. Die Robert Nef, grosser Anhänger und Produzent treffender Sentenzen und Aphorismen, selbst einmal so umschrieben hat: «Sehen, was alle sehen, und denken, was nicht alle denken.»

Der Sohn aus einer aus dem Appenzellischen stammenden St. Galler Arztfamilie hat eine ausgesprochen seltene Lebensleistung aufzuweisen: Er hat sein Leben erfolgreich in den Dienst einer Sache gestellt, ohne für sich auch nur ein Scheibchen materiellen Gewinn oder Karriere abzuzweigen. Ein Weggefährte nannte dies einmal seine «Immunität gegenüber finanziellen Anreizen». Selbst wenn man die bis zum Grad eines Oberstleutnants reichende militärische Laufbahn als Karriere bezeichnen wollte, so hat er auch hier unverhältnismässig mehr gegeben als bekommen: Bei einem gefährlichen Zwischenfall im Handgranatenschiessen hat sich der Offizier Nef vor seinen ungeschickten Rekruten geworfen und dafür bleibenden körperlichen Schaden in Kauf genommen – klaglos.

Im Mittelpunkt von Robert Nefs – noch keineswegs abgeschlossener – Lebensleistung steht das 1979 gegründete Liberale Institut in Zürich, das er in der Folge 28 Jahre lang leitete und heute als Stiftungsratspräsident begleitet. Ziel des Unterfangens war es, einen liberalen Think-Tank zu etablieren, was der einheimischen FDP immerhin einen Startbeitrag von 10 000 Franken wert war – das war’s dann aber auch. Die Tätigkeit des langjährigen Ein-Mann-Unternehmens war im Ausland bald bekannter und geschätzter als im Vaterland, wo das Wort des Propheten bekanntlich weniger gilt: Die Belesenheit und der Ideenreichtum, das «feu sacré» des an Geschichts- und Staatsphilosophie interessierten liberalen Intellektuellen schuf sich in einem Strom von Publikationen – gegen 800 an der Zahl –, Referaten, Veranstaltungen, Seminarien und Engagements ausserhalb des Instituts Bahn. Ab 1981 erschien die Institutszeitschrift «Reflexion» mit einer Fülle geistreicher, anregender Texte und Zitate aus drei Jahrtausenden. Nicht die schlechtesten unter ihnen stammten von Robert Nef, der seit seiner Zeit beim ETH-Institut für Orts-, Regional- und Landesplanung wusste: «Planung ist die Ersetzung des Zufalls durch den Irrtum.»

Ab 1994 trat Nef zusätzlich die Herausgabe der «Schweizer Monatshefte» an (heute «Schweizer Monat»), die er ebenfalls zu einem Ort der Debatten und Ideen abseits des intellektuellen Mainstreams machte, der das – nach einem Buch des Liberalen Ralf Dahrendorf – «sozialdemokratische Jahrhundert» spiegelte. Mit dieser publizistischen Erfahrung diente er in den Jahren 1999 bis 2001 auch als Merker unserer Tageszeitung. In seinen – damals noch längeren – Merker-Beiträgen dachte er immer wieder über grundsätzliche Fragen des Journalismus wie redaktionelle Auswahl («Ist das wirklich wichtig?») und Sprache («Worte und Unworte») nach.

Für sein liberales Engagement wurde Robert Nef unter anderem mit dem Freiheitspreis der Max Schmidheiny-Stiftung (1991) und 2008 mit der Hayek-Medaille für sein publizistisches Lebenswerk geehrt.

In St. Gallen engagierte sich Nef von 1985 bis 2005 als tatkräftiger Präsident des (von seinem Vater gegründeten) Kinderspitals sowie in der Schule für Kinderkrankenpflege. Und kaum eine Ausbildung war ihm, der die akademische Laufbahn ausschlug, wichtiger als jene zum ersten diplomierten Haushaltlehrmeister der Schweiz, die er für seine Tätigkeit als gleichberechtigter und -verpflichteter Elternteil absolvierte. Selbstverantwortlich gelebter Liberalismus eben, wie ihn Robert Nef stets verstanden hat. (gfh.)

***
Quelle: https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/stgallen-gossau-rorschach/der-berufs-liberale-ld.385008

Schlagwörter:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert