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Markt für bessere Bildung

Lesedauer: 3 Minuten

(Finanz und Wirtschaft)

Von Robert Nef

Wer in die Bildung investiert, investiert in Humankapital. Die Forderung, man müsse «in Bildung investieren», schockiert heute niemanden mehr, obwohl der Begriff Humankapital vielerorts als Kainsmal ökonomistischer Unkultur gilt. Die Frage aber, wer denn im Bildungsbereich welche Investition für wen zu tätigen habe und wer sie wie amortisieren und nutzen könne, wird zwar häufig gestellt, jedoch kaum je beantwortet.

Bildung ist die Kompetenz, die den Selbstwert des Menschen erhöht, aber auch als Tauschwert im Umgang mit andern Menschen relevant ist. Investitionen in die Bildung haben für das Individuum und für die Gemeinschaft eine positive Bedeutung. Darum ist es sinnvoll, wenn alle möglichst viel Zeit und Geld in die Bildung investieren. Es ist also kein Zufall, dass diese Forderung von Links bis Rechts ziemlich unbestritten ist. Die populäre Forderung «mehr Steuergeld für die Bildung» und die Erwartung, damit werde automatisch eine gute Investition vorgenommen, sind allerdings reichlich naiv.

Wenn die Bildung zum VEB wird

Mehr öffentliche Mittel, die in ein insgesamt unbefriedigend funktionierendes System fliessen, bringen keine Verbesserung. Sie führen zu einer zusätzlichen Abhängigkeit zentraler Lebensbereiche von einer staatlichen Bildungsbürokratie. Zudem verzögert mehr Geld notwendige Veränderungen. Diese sollten wesentlich radikaler sein als das, was heute Reform genannt wird und was die herkömmlichen, auf Industriegesellschaften zugeschnittenen Schulsysteme nach unten nivellierend harmonisiert. «Mehr vom Gleichen» hat sich bisher weder als Investitions- noch als Sanierungsmaxime bewährt.

Gerd Habermann charakterisiert in seinem «polemischen Soziallexikon» das deutsche Bildungswesen als «Filiale der Sozialpolitik und Umverteilung», das nach der Art volkseigener Betriebe (VEB) organisiert sei: falsche Anreize, schlechte Koordination mit der realen Nachfrage, Bürokratisierung, Demotivation und Anspruchsmentalität der Betroffenen, grosszügige Geschenke an Kreise, welche die Ausbildung ihrer Kinder sehr wohl selbst finanzieren könnten. In der Schweiz hat man glücklicherweise noch nicht alle Fehler der Nachbarländer kopiert. Der hierzulande noch akzeptierte «zweite Bildungsweg», der von einem frühen Einstieg ins aktive Berufsleben durch Berufslehren ausgeht und dann den Anschluss an die Fachhochschulen gewährleistet, könnte zum Grundmodell einer eigenfinanzierten, lebenslänglichen Aus- und Weiterbildung werden, zu einer zukunftsträchtigen Kombination von Lernen, Leisten und Lehren.

Leider ist das Gegenteil der Fall: Die Bildung wird von der Berufspraxis abgekoppelt und verschult, indem sie in die staatsmonopolistische und steuerfinanzierte Bildungsbürokratie eingegliedert wird.

Was ist die Alternative zur Forderung einer kontinuierlichen Steigerung des Bildungsanteils am Staatskuchen
Das Bildungswesen ist dem umfassenden Lernprozess auszusetzen, dem sich andere Lebensbereiche auch stellen müssen: dem Markt. Angebot und Nachfrage sind die unerbittlichen Lehrmeister im kollektiven und im individuellen Lernprozess erfolgreicher und sinnvoller Lebensgestaltung. Alle Bildungsangebote sind dem Wettbewerb auszusetzen und schrittweise in Richtung Benutzerfinanzierung umzubauen, wobei nicht im Primarschulbereich begonnen werden sollte. Benutzerfinanzierte private Alternativen (mit staatlich kontrollierten Minimalanforderungen) im Wettbewerb mit Staatsschulen sind allerdings auch dort wünschenswert.

In einer Dienstleistungsgesellschaft hängen Wohlstand und qualitatives Wachstum davon ab, ob die Menschen in der Lage sind, zu wissen, was andere nachfragen und nachfragen werden. Dieses Wissen ist der Schlüssel zum befriedigenden und erfolgreichen Einsatz der eigenen Fähigkeiten, die es zu erkennen gilt, bevor man sie auf dem Arbeitsmarkt anbieten kann. Investitionen sind nicht per se gut, wenn sie einer «guten Sache» dienen. Sie müssen sich im Spannungsfeld der richtigen An- und Abreize bewähren.

Entscheidend ist, dass die potenziellen Nutzniesser, d.h. die Bildungsnachfrager, so direkt wie möglich involviert sind. Der Eigentümer des Humankapitals muss eng mit dem Investor, der Zeit oder Geld einsetzt, verbunden werden. Das führt zur Feststellung, dass die traditionelle familienbasierte Studienfinanzierung Bildungsinvestitionen effizient alloziert. Sie verfügt über vielfältige Motivations-, Lern- und Kontrollmechanismen, die jeder Bildungsbürokratie überlegen sind. Doch die Eigen- bzw. Familienfinanzierung der Bildung hat auch Nachteile, v.a. für die Begabten, deren Eltern diese Vorleistungen nicht selbst zu erbringen vermögen.

In diesen Fällen ist eine subsidiäre Direktunterstützung durch fremde, auch staatliche Mittel zweckmässig. Nur sollten sie direkt und kontrolliert in die persönlichen Eigentümer des Humankapitals investiert werden – und nicht an Institutionen fliessen, die damit v.a. Gebäude, Bürokratien und Funktionäre finanzieren.

Die Bildungsnachfrager, d.h. die Eigentümer des Humankapitals bzw. ihre Eltern und Angehörigen oder die direkt involvierten Arbeitgeber, sollten in die Bildung investieren und nicht der Staat. Leider sind die beiden Systeme miteinander verhängnisvoll verknüpft. Je mehr der Staat investiert, desto geringer wird der Anreiz für die private Finanzierung. Es öffnet sich ein Teufelskreis, in dem die Bildungskosten sozialisiert und die Nutzen privatisiert werden. Die gut gemeinten, stetig aufgestockten Steuermittel im Bildungswesen führen dazu, dass die effizienteren privaten Bildungsinvestitionen zurückgehen.

Das Humankapital belehnen

Wünschenswert wäre die Entwicklung eines privaten Bildungskreditsystems. Auf kommerzieller Basis gibt es indes im grösseren Stil noch wenig funktionierende Modelle. Warum werden weltweit zwar Grundstücke belehnt, aber keine «graue Hirnsubstanz».

Deren Vorhandensein und potenzielle Nutzbarkeit müsste der «Humankapital-Hypothekargläubiger» allerdings überprüfen können, genau wie den zu erwartenden Ertrag einer Liegenschaft. Das ist nicht einfach, aber auch nicht unmöglich, wenn die Banken die richtigen Fachleute engagieren und sich entsprechend vernetzen. So würden auch im Bildungswesen sachdienliche An- und Abreize gesetzt.

Ein sinnvolles Bildungskreditsystem kann nicht entstehen, wenn der Staat mit der Giesskanne unter dem Titel «Förderung von Bildung und Forschung» ein insgesamt immer unübersichtlicher und ineffizienter werdendes Gesamtsystem alimentiert. Staatliche Mittel für das Bildungswesen sollten als direkte Subjekthilfe und im Wettbewerb mit andern Finanzierungsquellen subsidiär eingesetzt werden. Dann wären sie ein wirksames Instrument der Begabtenförderung. Ein System mit «Bildungskasernen» und Bürokratien tendiert zur Geldverschwendung, da es nicht im Dienst eines vom Eigentümer und Nutzer des Humankapitals kontrollierten Leistungsauftrags steht.


Robert Nef ist Leiter des Liberalen Instituts und Herausgeber sowie Redaktor der «Schweizer Monatshefte».

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