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Mehr Wettbewerb in Bildung und Forschung

Lesedauer: 4 Minuten


(Schweizer Monatshefte – Heft 5, 2002 – Seite 17-18)

DOSSIER

Privatisierung – die Option der Zukunft

Max Hunziker, Simplicissimus. Illustration zum Dritten Buch, Zürich 145, S. 161
Ein grosser Teil der Probleme, die man in den letzten vierzig Jahren durch Regionalisierung, Zweckverbände, Finanzausgleich und Zentralisierung glaubte organisieren und reglementieren zu müssen, sind in Zukunft durch Privatisierung zu lösen. Das Problem der Kosten¬ explosion und der zunehmenden Unmöglichkeit einer rationalen und gerechten Zuordnung von Zahlenden und Profitierenden wird damit wieder lösbarer. Die dienstleistenden Institutionen bestimmen via Wettbewerb den politisch-geographischen Umfang ihres Benutzerkreises unabhängig von der Steuerbelastung und ohne Verzerrung durch Subventionen und Interventionen flexibel selbst. Das Finanzierungskonzept basiert auf folgendem Modell: Die Benutzer bezahlen die vollen konkurrenzmässigen Preise — und die allenfalls notwendige soziale Abfederung erfolgt durch demokratisch ermittelte Subjekthilfe, d.h. durch Direktzahlungen, im Rahmen jenes Gemeinwesens, das für die konkrete Unterstützung und Förderung bestimmter Gruppen (z. B. Bedürftige, Benachteiligte, Begabte, Junge, Alte, usw.) zuständig ist. Die Gemeinwesen konkurrieren untereinander, indem eine transparente demokratische Ausmarchung zwischen der Höhe der umverteilenden gezielten Subjekthilfe und der generellen Steuerbelastung möglich wird. Die politische Fragestellung lautet dann wie folgt: Will man mehr klar definierte Gruppen gezielt durch Beiträge unterstützen und entsprechend höhere Steuern bezahlen, oder will man das nicht? Sozialpolitische Anliegen werden damit als solche erkennbar, politisch diskutierbar und finanztechnisch bezifferbar und treten nicht mehr in einem undurchschaubaren Mix des ohne klare Abgrenzungen diffus operierenden «Service public» zusammen mit Bildungs-, Forschungs-, Gesundheits-, Verkehrs-, Kulturund Regionalpolitik in Erscheinung. Ein sozialer Abbau wäre damit – vor allem für die wirklich Bedürftigen — nicht notwendigerweise verbunden. Angesichts der breit abgestüzten Popularität gezielter Umverteilung und der guten politischen Organisierbarkeit von konkreten Interessen, kann in einer Kombination von gebietskörperschaftlichem Wettbewetb und Mehrheitsprinzip sogar das Gegenteil stattfinden. Der Haupteffekt solcher Neuerungen läge in einer massiven Steigerung der Transparenz und der Effizienz, – vor allem in metropolitanen Gebieten, die heute im Rahmen des Finanzausgleichs zusätzliche öffentliche Mittel fordern.

Die politische Nachfrage nach solchen Verbesserungen ist allerdings bekanntlich bei keiner Partei besonders hoch, da viele politische Akteure mit Vorliebe die diesbezügliche Intransparenz bewirtschaften, sei es aus Unkenntnis der Zusammenhänge oder aus blossem populistischem Machtkalkül. Für die Anbieter des «Service public» ist die Politik der hohlen Hand ohnehin attraktiver als das Bemühen um Konkurrenzfähigkeit und Eigenwirtschaftlichkeit. Unbestritten ist, dass die wett¬ bewerbliche Bewirtschaftung von Netzen einige Transformationsprobleme und auch grundsätzliche Knacknüsse aufgibt und einen hohen und subtilen Regulierungsbedarf auslöst, der es verbietet, Privatisierung mit allgemeiner Deregulierung gleichzusetzen, was leider häufig geschieht. Das gängige Hauptargument gegen die hier nur grob skizzierten Vorschläge lautet auch in durchaus wettbewerbsfreundlichen Kreisen und bis hinein in die wissenschaftlichen Gutachten der meist staatsfinanzierten bzw. staatsabhängigen Fachleute: Ordnungspolitische Subjektorientierung als Mittel des sozialen Ausgleichs ist theoretisch allenfalls richtig, ja, das wäre sogar first best, aber es ist politisch keinesfalls realisierbar. Diese Behauptung stimmt, solange sich nicht genügend beharrliche «Spielverderber» immer wieder zum Wort melden, was hiemit geschehen ist und auch in einem Teil der kontroversen folgenden Beiträge zum Ausdruck kommt.

HINWEIS

Uli Wunderlich, Der Tanz in den Tod – Totentänze vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Eulen Verlag, Freiburg im Breisgau 2001, SFr. 47.80.

Ein makabres Vergnügen
Hans Holbein und Otto Dix beim Computerspielen

Die Frage mag ungewöhnlich klingen: Was haben Aarau, Baden, Basel, Bern, Bürgenstock, Cevio, Coglio, Coldrerio, Emmetten, Fribourg, Hasle, Kerns, Lachen, Leuk, Luzern, Rorschach, Schwyz, Seen bei Winterthur, Sonvico, Stäfa, Stein am Rhein, Unterschächen, Wolhusen und Zürich gemeinsam? Antwort: In all diesen Schweizer Orten gibt es sehenswerte Totentänze, sei es aus der Zeit ihrer Entstehung gegen Ende des 14. Jahrhunderts, sei es aus späteren Zeiten bis hinein ins 20. Jahrhundert. Allen gemeinsam ist das Auftreten des Todes und die hierarchische Anordnung der Figuren vom ranghöchsten zum niedrigsten Vertreter der Gesellschaft – sterben müssen sie alle. Und obwohl die Zeiten vorüber sind, in denen die Menschen an tanzende Tote glaubten, haben der Tod und seine künstlerische Darstellung nichts an Faszination verloren. Das beweist jetzt aufs Neue das mit 82 Färb- und 117 Schwarzweiss-Abbildungen ausgestattete, so schöne wie lehrreiche Bild-Sachbuch «Der Tanz in den Tod», das mit einem Verzeichnis der Totentänze in der Schweiz, Österreich und Deutschland schliesst.

Uli Wunderlich, die Präsidentin der «Europäischen Totentanz-Vereinigung» (was es nicht alles gibt auf der Welt skizziert in ihrem beeindruckenden Überblick den vielschichtigen Komplex der Totentänze, der in den letzten Jahren mehrfach zu Tagungen und Ausstellungen angeregt hat. Struktur und Geschichte der Totentänze, die man in der Regel als Wandmalereien und Grafikzyklen kennt, werden in diesem gelehrten und zugleich wunderbar lesbaren Band eingebettet in die Geschichte der europäischen Todesängste und Todesmythen. Interessante Seitenblicke auf nicht-europäische Kulturen fehlen keineswegs. Und weil das aspektreiche Thema neben der Kunst- auch die Musik-, Theater- und Literaturgeschichte berührt, naturgemäss auch Theologie und Volkskunde, ist der Leser am Ende um viele kulturgeschichtliche Detailkenntnisse reicher. Er könnte jetzt den Hans Holbein-Bildband aus dem Bücherschrank holen, sich nach einer Otto Dix-Ausstellung erkundigen oder ein Totentanz-Computerspiel erwerben. Doch lieber noch möchte er gleich aufbrechen und staunen, in Aarau vielleicht oder – siehe oben.

Klaus Hübner

Schweizer Monatshefte – Heft 5, 2002 – Seite 17-18

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