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Vom Wert sozialen Dienens und Leistens

Lesedauer: 2 Minuten


(Schweizer Monatshefte – Heft 7/8, 2001 – Seite 1)

EDITORIAL

Eine grosse Zahl von Funktionen und Tätigkeiten, die sich früher in der Familie, in der Nachbarschaft und in kirchlichen und karitativen Gemeinschaften ausserhalb der Ökonomie im engern Sinn abspielten, sind heute institutionalisiert und teilweise auch verstaatlicht worden. Es ist ein hochkompliziertes Netzwerk an sozialen Dienstleistungen entstanden, in dem Professionelles mit Unprofessionellem, Bezahltes mit Unbezahltem, Obligatorisches mit Freiwilligem und Subventioniertes mit Unsubventioniertem verknüpft wird. Die Empfänger solcher Dienstleistungen sind zum Teil bezahlende Kunden und zum Teil Konsumenten des steuerfinanzierten «Service public», der seine Angebote nicht nach sozialen Gesichtspunkten an Bedürftige, sondern nach dem «Giesskannenprinzip» an alle verteilt.

Dieses Mischsystem wird zurzeit von verschiedenen Seiten in Frage gestellt. In der Freiwilligenarbeit, im Volunteering, wie es in den USA genannt wird, steckt ein hohes, zum Teil noch ungenutztes Potenzial. Es wäre allerdings verfehlt, wenn man verdrängen wollte, dass diese Art von Tätigkeit auch ihre Grenzen hat. Die Nachfrage nach freiwilligen Dienstleistungen ist grösser als die Bereitschaft dazu, und viele, die unentgeltliche Freiwilligenarbeit leisten, haben grosse Mühe, Nachfolgerinnen oder Nachfolger zu finden. Gesucht ist eine neue Abgrenzung zwischen ehrenamtlichen, staatlichen und kommerziellen Lösungen. Welche Bereiche an Staatsstellen übergehen, welche im «gemischten», teils subventionierten, teils freiwilligen Sektor bleiben, welche neu privatisiert werden und welche in Zukunft sinnvollerweise finanziell selbsttragend oder gewinnbringend zu organisieren sind, ist neu zu ermitteln und auszuhandeln.

Die Einführung obligatorischer Sozialdienste packt das Problem von der falschen Seite her an, weil es ausgerechnet im Dienstleistungsbereich das Entstehen zusätzlicher bezahlter Arbeitsmöglichkeiten verhindert und die Motivation zum freiwilligen Engagement reduziert. Zukunftsträchtiger ist die Betrachtungsweise, welche sich auf die positiven und menschlich bereichernden Erlebnisse und Erfahrungen im Zusammenhang mit solchen Engagements besinnt und die Frage nach den persönlichen Opfern und ihrer Kompensation durch Geld in den Hintergrund rückt.

ROBERT NEF

Schweizer Monatshefte – Heft 7/8, 2001 – Seite 1

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