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Der Konflikt zwischen privaten und öffentlichen Interessen

Lesedauer: 2 Minuten


(Schweizer Monatshefte – Heft 9, 1999 – Seite 50)

BUCHHINWEIS

Menno Brouwer, Private Vices, Public Benefits, Eine wirtschaftsphilosophische Untersuchung, Diss., Institut für Empirische Wirtschaftsforschung der Universität Zürich IEW, Bd. 41, Schellenberg, Winterthur 1998.

Dieser Konflikt ist so alt wie die menschliche Vergesellschaftung. Berühmt geworden ist er durch Bernard Mandevilles Hauptwerk «The fable of the Bees», in welchem die seinerzeit skandalerregende Behauptung aufgestellt wurde, dass private Laster das Allgemeinwohl nicht gefährden, sondern, im Gegenteil, eine Voraussetzung für dessen Förderung darstellen, sofern die entsprechenden Rahmenbedingungen stimmen.

Darüber sind seither Hunderte von Büchern und Abhandlungen geschrieben worden, mehrheitlich Versuche, die herausfordernde These zu widerlegen oder wenigstens zu relativieren. Kann hier eine ideengeschichtlich ausgerichtete Dissertation noch Neues aufdecken und beitragen, das über eine Zusammenfassung bisheriger Meinungen hinausreicht?

Der Autor erbringt den Beweis, dass dies möglich ist. Als Assistent des Instituts für Empirische Wirtschaftsforschung an der Universität Zürich hat er den Versuch gewagt, das ideengeschichtliche Bewusstsein mit dem Sein der wirtschaftlichen Entwicklung im Schottland des 18. Jahrhunderts zu verknüpfen.

Für die Richtigkeit oder Unrichtigkeit von Thesen gibt es in der Sozialwissenschaft kein anderes Laboratorium als die Auswertung bzw. Deutung historischer Fakten. Die oft geäusserte Vermutung, solche Rückblicke seien für die Zukunft uninteressant oder gar irrelevant, werden durch Monographien wie die vorliegende Dissertation aufs schönste widerlegt.

In neun Kapiteln gewinnt der Leser einen guten Einblick über die Entwicklung der Angelsächsischen bzw. Schottischen Aufklärung (von Thomas Hobbes bis Adam Smith), deren Denkanstösse in keiner Weise überholt sind und die am Ende der Irrtümer des sozialdemokratischen Zeitalters interessante Perspektiven eröffnen. Smith hat, wie Brouwer zeigt, die Gefahren der industriellen Arbeitsteilung erkannt, und warnte vor der «mental mutilation», vor der Verstümmelung bzw. Verkümmerung im seelischgeistigen Bereich.

Heute würde er feststellen, dass die Arbeitsteilung in einer Dienstleistungsgesellschaft, in der nicht primär Mensch und Maschine verknüpft sind, sondern die Interaktion über den wirtschaftlichen Erfolg entscheidet, die sozialen Sensibilitäten nicht etwa abstumpft, sondern bewirtschaftet und verstärkt.

Dies war nicht Gegenstand der vorgelegten Arbeit. Solche Probleme im Schnittpunkt von Ideengeschichte und Empirie – diesseits und jenseits von Adam Smith – sollten aber auf der Liste möglicher Dissertationsthemen stehen, und, so ist zu hoffen, in vergleichbar kompetenter und allgemeinverständlicher Form abgehandelt werden.

Schweizer Monatshefte – Heft 9, 1999 – Seite 50

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