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Fordern und Fördern

Lesedauer: 2 Minuten


(Schweizer Monatshefte – Heft 4, 1999 – Seite 1)

EDITORIAL

Hinter diesem Slogan aus der Führungslehre steckt die richtige Beobachtung, dass Leistungsfähigkeit und Leistungswille vor allem durch Herausforderungen gestärkt werden. Als wirtschaftspolitische Maxime ist die Verquickung der beiden Begriffe höchst problematisch. Es ist immer populär, Förderung zu fordern, d.h. Ansprüche auf Förderung beim Staat anzumelden. Dabei ist es notwendig, sich selbst, oder jene Gruppe, welche man fördern möchte, z.B. die kleinen und mittleren Unternehmen, die KMU, zunächst einmal als besonders schwach, als bedroht und bedürftig, kurz, als in jeder Beziehung überfordert und unmündig darzustellen. Aber das Fordern von staatlicher Förderung ist oft ein Irrweg, bei dem die «Förderungsbedürftigen» zu wenig ernst genommen, unterschätzt und entmündigt werden, und bei dem man ihnen nur vorläufig und scheinbar nützt, weil sie dadurch vom Förderungssystem und seinen Exponenten abhängig werden. Das Evaluieren von förderungswürdigen Potentialen gehört zur hohen Schule der kommerziellen Kreditvergabe, jenem risikoreichen Neuland, in welchem sich das «Fördern» und das «Investieren durch geteilte Risiken» überlappen und das heute oft durch fragwürdige Schematisierungen verbarrikadiert wird. In diesem empfindlichen Experimentierfeld wirtschaftlicher Entwicklung können sich staatliche Interventionen als gefährliche Fehlsignale erweisen, auch wenn sie noch so gut gemeint sind.

Für jeden staatlich Geförderten gibt es eine grössere Anzahl von Nicht-Geförderten, faktisch Diskriminierten. Die Chance, dass unter den staatlich nicht geförderten bessere Unternehmen sind als unter den geförderten, ist sehr hoch. Es wird zwar sehr schwierig sein, dies im Einzelfall nachzuweisen, aber man muss diesen Aspekt der Diskriminierung immer im Auge haben, wenn man für staatliche Förderungsprogramme einsteht. Gerade jene, die nicht zu den geförderten Unternehmen gehören, werden in ihren Aktivitäten gebremst, vielleicht sogar zerstört, und dies beeinträchtigt die Produktivität im Gesamtsystem. Die beste Förderung ist auch bei den kleinen und mittleren Unternehmen die Deregulierung, die Aufhebung von Privilegien und von vielfältigen Nischen, welche sich die Grossen gegenüber den Kleinen und Mittleren im politischen System durch ihre Lobbies erkämpf haben, oder die durch staatliche Angebote blockiert sind.

ROBERT NEF

Schweizer Monatshefte – Heft 4, 1999 – Seite 1

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